Hallo Ihr Lieben.
Am Samstag gastierte das erste Mal die Blogfamiliär mit dem Thema Digitalkompass für Eltern in Stuttgart. Blogfamiliär ist eine neue Veranstaltungsreihe der jährlich stattfindenden Blogfamilia, in der sich alles um das Thema digitale Bildung drehen soll. Im kleinen, familiären Rahmen werden in regelmässigen Abständen in verschiedenen Städten Treffen mit dem Ziel organisiert, sich weiterzubilden, zu diskutieren und natürlich zu netzwerken. Sie richtet sich nicht nur an Eltern Blogger, sondern ganz bewusst auch an interessierte Eltern, Lehrer und Erzieher.
Der Veranstaltungsort war das Merlin Stuttgart und es ging um Themen, die viele Eltern mit größeren Kindern aktuell bewegen wie: “ Was treibt mein Kind im Netz, was darf ich ihm erlauben oder wie kann ich es sensibilisieren?“
Für Respekt und gegen Mobbing
Zuerst startete Constanze, Managerin bei Facebook mit dem Thema „Für Respekt und gegen Mobbing“ und erzählte, was Facebook alles unternimmt, um Menschen in Social Media zu schützen. Es wurden einige Begriffe genannt, die ich wirklich zum ersten Mal gehört habe wie Cyber Bullying oder happy slapping Videos.
Happy slapping hört sich harmlos an, aber es ist eine Form von Gewaltverhalten, die sich erst durch die Verbreitung von Handys mit integrierter Videokamera entwickelt hat. Personen werden geschlagen oder verletzt, Komplizen filmen diesen Vorgang und dann wird dieser via Handy über das Internet veröffentlicht. Für die Opfer ist natürlich nicht nur das körperliche Leiden sehr demütigend, sondern auch, dass die Tat im Internet und im Freundeskreis verbreitet wird.
Facebook arbeitet bereits mit diversen Algorithmen, Bilderkennungstechnologien und künstlicher Intelligenz, die kritische Bilder, Texte und Videos prüfen, um entsprechend belastendes Material zu melden. Im letzten Quartal wurden alleine in Deutschland 2.1 Millionen Beiträge gelöscht. Ist das nicht Wahnsinn? Und 15 Prozent der kritischen Posts werden sogar gelöscht, bevor sie gemeldet worden sind. Aktuell sind über 30.000 Menschen weltweit für die Sicherheit auf Facebook zuständig, vor einigen Jahren waren es 5000. Ein Tipp von Constanze ist, dass wir uns auf jeden Fall mit den Plattformen befassen sollten. Und dass wir unser sowie das Konto unserer Kinder gut sichern.
Danach war Erik, Manager von Instagram, an der Reihe, und erzählte uns die Sichtweise und Regeln von Instagram. Instagram ist ja aktuell eine extrem wachsende Plattform, die vor allem von Jugendlichen benutzt wird. Es gibt einen Instagram Elternleitfaden, der heruntergeladen werden kann. In diesem Leitfaden stehen drei Dinge im Mittelpunkt: der Umgang mit Privatssphäre sowie der Interaktion und der Zeit auf Instagram. Es wird zudem ein Diskussionsleitfaden bereitgestellt, anhand dessen Eltern ein offenes Gespräch mit ihren Kindern über Instagram führen können. Den Leitfaden findet Ihr hier. Ich fand es interessant zu erfahren, dass Instagram erst ab 13 Jahren benutzt werden darf und werde mir den Leitfaden auf jeden Fall selber einmal zu Gemüte führen.
Break, Fingerfood, Networking
Danach gab es eine kleine Pause, in der man sich in gemütlicher Runde austauschen konnte. Dazu gab es überaus leckeres Fingerfood.
Schön war auch, dass bekannte Gesichter anwesend waren wie Lisa von Stadtlandmama, Kerstin von Tagaus Tagein, Alu von Grosseköpfe, Laura von Heute ist Musik, Katja von Gewünschtestes Wunschkind und einige anderen.
Digitalisierung im Alltag
Nach der Pause startete Katja Seide, bekannt als Autorin und Bloggerin von das gewünschte Wunschkind aller Zeiten mit dem Vortrag „Digitalisierung im Alltag“. Dieser Vortrag war überaus interessant, unterhaltend und spannend.
Sie erzählte uns, wie Sucht entsteht und dass wir uns unseren Ängsten stellen müssen. 1 % der Deutschen zwischen 14-65 Jahren verbringen mehr als 35 Stunden wöchentlich im Internet. Und 6 % sind akut suchtgefährdet. Aber gehören unsere Kinder dazu? Katja ist überzeugt, dass, wenn die Grundbedürfnisse eines Menschen befriedigt sind, kein Suchtpotenzial besteht.
Warum reagieren Kinder aggressiv, wenn das Handy, Tablet oder der Fernseher ausgeschaltet wird?
Überaus interessant und nachvollziehbar fand ich auch die Erklärung, weshalb manche Kinder aggressiv reagieren, wenn sie das Handy beziehungsweise den Fernseher ausmachen sollen. Denn das ist allein durch Hirnforschung erklärbar. Aggressive Impulse werden im menschlichen Gehirn durch eine Kontrollschleife geschickt. Werden wir beispielsweise geschuckt, dann schucken wir nicht gleich zurück, sondern kontrollieren noch einmal die Situation und entscheiden dann. Diese Kontrollschleife funktioniert zum Beispiel noch nicht bei kleinen Kindern und muss erst trainiert werden. So sollte man ein Kind unter vier Jahren nicht schimpfen, wenn es z.B. als Reaktion zurück geschlagen hat, da es dies hirnorganisch noch gar nicht regulieren kann. Natürlich muss man ihm erklären, dass sein Verhalten nicht in Ordnung ist und es muss die entsprechende Reaktion trainieren und erlernen.
Unter Alkoholeinfluss, bei extremer Müdigkeit und nach längerer Bildschirmzeit schaltet unsere Kontrollschleife im präfrontalen Kortex in den Ruhemodus. Das bedeutet, dass Impulse nicht mehr mäßigend herabgesteuert werden können. Unser Gehirn funktioniert in diesem Moment also nicht mehr richtig. So kann es also möglich sein, dass Aggressionen durch zu lange Bildschirmzeit entstehen. Krass oder? Ein Tipp von Katja ist, den Kindern diesen Vorgang im Gehirn zu erklären, damit Referenzsituationen abgespeichert werden können. So macht es absolut Sinn, dass das Kind selbst den Fernseher oder das Handy ausschaltet, damit es seine Impulskontrolle selber regulieren kann.
Wird mein Kind zum Amokläufer, wenn es zu viel Fornite Battle Royal spielt?
Ein Thema, dass gerade viele Eltern beschäftigt ist, ob es schädigend ist, wenn die Kinder zu viel Fortnite Battle Royale spielen und ob es eventuell sogar zum Amokläufer werden kann. Katja meint, dass Kinder, deren Grundbedürfnisse befriedigt sind, nicht gefährdet sind. Sie sieht eine viel größere Gefahr durch Echokammern, Dark Net oder das Internet generell. Natürlich sind digitale Medien Zeitfresser und unsere Kinder können digitale Medien (wie übrigens auch Süßigkeiten) nicht automatisch selbst regulieren. Sie sollten vielmehr raus in die Natur gehen und dort Abenteuer erleben. Aber seinen wir doch ehrlich, für viele Kinder ist diese Erfahrung heutzutage überhaupt nicht mehr bzw. nur noch begrenzt möglich. Wir Eltern haben doch oftmals Angst, dass unseren Kindern etwas passieren könnte ohne unsere Aufsicht oder? So erleben heutzutage Kinder ihre Abenteuer oftmals nicht mehr draußen in der Natur, sondern digital.
Katja meint, dass wir genau hinschauen sollten, wie viel Zeit unsere Kinder in Beziehung zu uns, sowie beim Sport oder in der Natur verbringen. Es muss ein gesundes Gleichgewicht herrschen und die Kinder sollen sich ruhig auch einmal langweilen dürfen, denn Langeweile regt die Kreativität an.
Interessant war auch das Thema der Tagträume. Unser Gehirn läuft über die Hälfte des Tages im Tagtraum Modus, schweift ab und ist sozusagen im Leerlauf. Allerdings hat es heutzutage diese Zeit kaum noch und die Tagträume fallen weg. Denn haben wir einmal Zeit, dann greifen wir gleich zum Handy, überprüfen unsere Mails oder checken WhatsApp. Katja meint, dass es wichtig ist, dem Gehirn Zeit zu geben, Tag zu träumen. Das werde ich mir auf jeden Fall zu Herzen nehmen, mir einfach mal die Möglichkeit geben, meine Gedanken bewusst schweifen zu lassen.
Mir persönlich hat es grossen Spass gehabt, bei der ersten Blogfamiliär in Stuttgart dabei sein zu können und ich möchten ein grosses Kompliment an das Team der Blogfamilia aussprechen. Die Veranstaltungsreihe ist klasse und ich freue mich auf weitere Stopps in der Zukunft in Stuttgart. Ich konnte für mich beziehungsweise meine Familie vieles mitnehmen und werde mir auf jeden Fall die Bücher von Katja zulegen, in denen genau erklärt wird, was im Gehirn beim Kleinkind in der Trotzphase sowie zwischen fünf und acht Jahren stattfindet. Schade dass es von ihr noch kein Buch zur Pubertät gibt, das könnte ich aktuell ganz gut gebrauchen. Aber ich bin mir sicher, das eines nach durchlaufener Selbsterfahrung mit ihren eigenen Kindern geben wird.
Viele liebe Grüsse.
Limone