Hallo Ihr Lieben.
Letzte Woche flatterte in unser Postfach eine Nachricht von Daniela, die ebenfalls eine Bloggerin aus Stuttgart ist. Allerdings bloggt sie nicht für sich, sondern ehrenamtlich für den Freien Aktiven Bildungs-Blog Stuttgart (FABBS). Da der Blog von Freier Aktiver Schule und Kindergarten noch recht neu ist, bat sie uns, ihr ein wenig unter die Arme zu greifen und den Blog bekannter zu machen und neue (Stuttgarter) Leser zu finden.
Da wir uns erst vor Kurzem intensiv mit den Themen weiterführende Schule sowie Kindergartensuche auseinander gesetzt haben und es viele Einrichtungen gibt, deren Konzept ebenfalls äußerst spannend ist und für viele Kinder eine tolle Alternative bietet, dachten wir, dass ein Interview mit Daniela sicher interessant für Euch ist. Und natürlich unterstützen wir Stuttgarter Blogger uns gerne untereinander, ist doch Ehrensache.
Los geht es also nun mit dem Interview:
Name: Daniela
Blog: https://blog.fas-stuttgart.de/
Beruf: Ich habe Medienmanagement studiert, bin danach eher zufällig in der PR- und Werbe-Branche gelandet. Nach einigen Jahren wollte ich nochmal etwas ganz anderes machen. Daher habe ich mich vor 7 Jahren mit einem eigenen Online-Shop selbstständig gemacht.
Anzahl und Alter der Kinder: 2 Kinder, 3 Monate und 5 Jahre
Wie sah Dein Leben vor Deinen Kindern aus?
Ich war in meiner Freizeit vielfältig aktiv und hatte unterschiedlichste Hobbys: Kochen, Singen, Fotografieren, kreative Arbeiten wie Nähen oder Basteln, Reisen, viel Lesen. Die vielen Freizeitaktivitäten hatte ich auch als Ausgleich zu meiner damaligen Arbeitsstelle, die mir leider keine Freude machte.
Was hat sich verändert seit Du Kinder hast? Was vermisst Du heute?
Da ich jetzt selbstständig bin und meine Arbeitszeit so einteilen kann, wie es auch mit den Kindern passt, bin ich damit nun viel zufriedener. Einige meiner Hobbys habe ich zum Beruf gemacht (kreatives Arbeiten & Fotografieren). Für meine anderen Hobbys wie z. B. das Singen oder Lesen fehlt momentan die Zeit, das vermisse ich sehr. Ab und zu versuche ich mich an neuen Hobbys wie Bogenschießen, Töpfern oder Gartenarbeit. Besonders die Gartenarbeit habe ich als neues Hobbys für mich entdeckt und in den Alltag eingebaut, da sie mit Kindern sehr gut vereinbar ist.
Was ist Stil für Dich? Wie hat sich Dein Stil geändert seit Du Kinder hast?
Auf äußerlichen Stil habe ich noch nie so richtig viel Wert gelegt. Ich bin meistens ungeschminkt und die Kleidung muss praktisch und alltagstauglich sein, gerade jetzt mit Stillkind. Dafür lege ich großen Wert auf meinen „inneren“ Stil: Mir selbst treu zu bleiben, man könnte auch sagen authentisch zu sein. Nichts ist für mich schwieriger, als mich verbiegen zu müssen. In meiner früheren Branche war das manchmal eine Herausforderung. Mit den Kindern und der Selbstständigkeit ist es viel leichter geworden authentisch zu bleiben.
Wie sieht ein ganz normaler Alltagstag bei Euch aus?
Mein Mann und ich haben die Kinder momentan etwas aufgeteilt. Er steht morgens mit der Großen auf, während ich mit dem Baby weiter schlafen darf. Er bringt die Große in den Kindergarten, ich bleibe mit dem Baby zu Hause. Nachmittags bin ich dann mit beiden Kindern zu Hause oder im Garten, wir haben Besuch oder gehen auf einen kleinen Abstecher in die Stadt. Da unser Baby mit 3 Monaten noch sehr klein ist, sind wir alle noch in der Findungsphase als vergrößerte Familie. Alles muss sich erst einspielen. Wichtig ist uns das gemeinsame Abendessen. Das ist das Familienessen, bei dem alle wieder da sind und gemeinsam über den Tag gesprochen wird.
Was hat Dich in Deinem Leben geprägt?
Zwei Erfahrungen fand ich sehr prägend.
Zum einen habe ich mein erstes Studium der Architektur nach 5 Semestern abgebrochen. Es hat lange gedauert, bis ich mir eingestanden habe, dass es nicht das Richtige für mich war. Und es hat nochmal lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass das kein Scheitern war, sondern dass ich dadurch viel gelernt habe.
Zum zweiten war es der Schritt in die Selbstständigkeit. Dieser lag wie ein großer Berg vor mir. Ich wusste nicht wo anfangen und wo aufhören. Ich hatte Angst vor all den Fehlern, die man dabei so machen kann. Irgendwann habe ich dann einfach angefangen. Und dabei gelernt, dass es nicht wichtig ist, die Dinge perfekt zu machen. Sondern viel wichtiger sie einfach zu machen. Alle Fehler kann man sowieso nicht vermeiden, ich habe genügend davon in der Gründungsphase und auch danach gemacht. Aber auch diese Fehler haben mich weiter gebracht und Neues lernen lassen.
Was ist Dir wichtig Deinen Kindern auf Ihrem Weg mitzugeben?
Meine große Tochter hat mir gezeigt, dass Kinder bereits als fast fertige Persönlichkeiten auf die Welt kommen. Mit ihren Charaktereigenschaften, mit ihren Vorlieben, ihren Stärken und Schwächen. Von außen zwar noch etwas beeinflussbar und formbar, doch in ihren Grundzügen schon festgelegt. Mir selbst ist es ja wichtig authentisch sein zu können. Und auch bei der Großen sehe ich, dass sie sich nicht verbiegen lassen möchte. Daher versuche ich ihnen tagtäglich mitzugeben, dass sie genau so richtig sind, wie sie sind. Und falls jemand mal etwas anderes behaupten sollte, möchte ich ihnen so viel Stärke auf den Weg mitgeben, dass sie dann darüber stehen können.
Dinge, die Dir mit den Kindern am meisten Spass machen?
Wir machen sehr gerne gemeinsam Musik, Singen zusammen oder hören Kinderlieder. Auch gemeinsam Malen und kreativ sein, Kuchen oder Plätzchen backen mag ich sehr. Die liebste Zeit des Jahres mit den Kindern ist für mich daher die Adventszeit, da kommen alle diese Dinge zusammen.
Was macht Dir mit Deinen Kindern gar keinen Spass? Und warum?
Ich mag keine Brettspiele und gehe nicht sehr gerne auf den Spielplatz. Auf den Spielplatz muss meist mein Mann hin, besonders wenn hohe Klettergerüste aufgestellt sind. Mir wird immer schon vom Zusehen schwindelig, wenn die Große meint, sie muss mal wieder ganz oben freihändig stehen. Es ist noch nie etwas passiert, aber mein Mutterherz hat immer Angst davor. Auch für die Brettspiele ist mein Mann zuständig, da ich (ich gebe es ungern zu) nicht gut verlieren kann.
Ein Tipp von Dir, tolles Spiel, tolles Buch, tolle Kinderklamotten…?
Ich liebe das Buch „Wolkenbrot“. Wir hatten es, als meine Große ca. 2 Jahre alt war, aus der Bücherei ausgeliehen. Es hat uns allen so gut gefallen, dass wir es uns selbst gekauft haben. Mittlerweile hat es für die 5-Jährige zu wenig Text. Ich freue mich daher schon, wenn das Baby so groß ist, dass ich das Buch wieder vorlesen kann.
Außerdem mag ich die Kinderkleidung von Enfant Terrible aus Stuttgart sehr. Sie ist zwar etwas teurer, dafür kann man sie aber lange tragen, da sie hochwertig produziert ist und ich unterstütze damit eine andere Stuttgarter Mutter. (Und 2x im Jahr im Sale sind die Preise erschwinglicher.)
Wer unterstützt Dich in der Kinderbetreuung?
Oma und Opa wohnen glücklicherweise in der Nähe und besuchen uns regelmäßig. Auch im Kindergarten unterstützen sich die Eltern teilweise gegenseitig. Da kommt mal das eine Kind zu Besuch. Dafür besucht mein Kind ein anderes an einem Nachmittag, damit ich etwas arbeiten kann.
Was macht Dich glücklich und was traurig?
Glücklich bin ich, wenn ich in unserem Garten bin, schöne Musik höre oder selbst mache, eine Nachricht von einem lieben Menschen bekomme, in den strahlend blauen Himmel schaue, wenn ich etwas Gutes zu Essen habe – also die kleinen alltäglichen Dinge im Leben.
Traurig macht es mich, dass sich momentan immer mehr Menschen wieder dazu entschließen, kein Engagement in ihrem Umfeld zu zeigen, sondern nur noch auf sich selbst und ihr Leben schauen wollen. Mein Mann und ich waren oft ehrenamtlich engagiert. Ob im Chor, im Verein oder in der Nachbarschaft. Und wir sind es teilweise immer noch. Wenn es mehr von diesem Engagement gäbe, würde das Verständnis füreinander in unserer Gesellschaft größer werden und der Zusammenhalt stärker. Ich sehe das in unserem Kindergarten, dort ist viel Engagement der Eltern gefragt. Es schweißt uns zusammen und lässt uns zu einer schönen Gemeinschaft werden. Dadurch verbindet uns mehr, als nur der gemeinsame Ort, an dem wir unsere Kinder betreuen lassen. Es entstehen echte Freundschaften zwischen den Eltern, unabhängig ob die Kinder miteinander befreundet sind oder nicht.
Du bist sehr aktiv als Bloggerin beim Freien Aktiven Bildungs-Blog Stuttgart (FABBS), wieso habt Ihr Euch als Familie ausgerechnet für dieses Konzept entschieden?
Ehrlich gesagt war uns damals vor zwei Jahren das Konzept des Kindergartens zwar sympathisch, aber es war nicht entscheidend für die Auswahl. Wichtiger war uns die lange Eingewöhnungszeit von 4 Wochen, dass der Betreuungsschlüssel mit 3 Betreuern auf 20 Kinder sehr gut war und dass uns die Betreuer auf Augenhöhe begegneten. Im Nachhinein haben der Kindergarten und sein Konzept sich als absoluter Glücksgriff für unsere große Tochter herausgestellt. Sie hätte es nicht besser treffen können.
Unvergessen bleibt mir ein Erlebnis an unserem „Schnuppertag“, den wir vorab machen durften: Es war Turntag und es gab Streit zwischen den Kindern um die eine Schaukel, die aufgebaut war. Eine der Betreuerinnen nahm sich der Kinder an und begleitete mit einer unglaublichen Geduld die Auseinandersetzung. Ich selbst hätte nach 5 Minuten gesagt: „Und Schluss, wir machen das jetzt so wie ich es sage!“ Sie aber machte keine Ansagen, keine Vorschläge, sondern fragte die Kinder nach ihren Ideen, ihren Gefühlen und Meinungen. Sie moderierte den Streit der Kinder sozusagen. Es dauerte insgesamt bestimmt 20 bis 30 Minuten. Doch danach waren sich die Kinder einig wie sie die Schaukel aufteilen konnten. Sie waren alle wieder zufrieden und hatten nebenbei gelernt, wie man auf konstruktivem Weg gemeinsam Lösungen finden kann. Das hat mich sehr beeindruckt und überzeugte mich, dass mein Kind hier gut aufgehoben ist.
Was ist das Besondere am Freien Aktiven Kindergarten?
Im Freien Aktiven Kindergarten hatte ich erstmals bei einer Betreuungseinrichtung das Gefühl, dass diese tatsächlich für die Kinder gemacht ist und sie sich an ihren Bedürfnissen ausrichtet. Oft habe ich es umgekehrt gesehen (und ich habe mehrere Einrichtungen kennen gelernt): Dass sich die Kinder nach den Bedürfnissen der Einrichtung bzw. der Erwachsenen ausrichten müssen. Egal wie sinnvoll oder unsinnig manche Dinge waren, wie Hausschuhpflicht, wie die gewünschte Lautstärke beim Spielen oder das Stillsitzen während des Morgenkreises, usw. So etwas gibt es im Freien Aktiven Kindergarten nicht. Das ist für mich der größte und wichtigste Unterschied: Dass dieser Kindergarten es nicht nur auf seiner Webseite stehen hat, sondern tatsächlich im Alltag kind- und bindungsorientiert arbeitet.
Im tagtäglichen Umgang wird das beispielsweise so umgesetzt, dass (fast) alle Aktivitäten freiwillig sind: Egal ob Morgenkreis, das Werkstattangebot, ob drinnen oder draußen Spielen, der Turntag oder diverse andere Angebote – es wird den Kindern freigestellt, ob sie mitmachen möchten oder nicht. Es gibt keine Regeln wie: „Um 11.00 Uhr gehen alle Kinder in den Garten zum Spielen“. Trotzdem bietet der Kindergarten durch wiederkehrende Punkte einen strukturellen Halt: Morgenkreis, Knabberzeit, Geschichtenzeit, Mittagessen, usw. werden jeden Tag gelebt. Die Betreuer dort heißen nicht Erzieher, sondern Begleiter, da sie die Kinder in ihrer Art und ihrem Wachstum begleiten. Konkret heißt das, wenn ein Kind sich für etwas interessiert, versuchen die Begleiter darauf einzugehen, indem sie Angebote dazu machen. Sie bremsen die Kinder nicht unnötig aus, sondern ermuntern sie zu forschen und sich selbst und ihre Kräfte zu erfahren. Sie gehen mit den Kindern in Beziehung, kommunizieren mit ihnen auf Augenhöhe und nehmen ihre Bedürfnisse ernst.
Deine Tochter geht in den Freien Kindergarten, wird sie später dann auch in die Freie Schule gehen?
Je mehr ich mich mit dem Regelschulsystem beschäftige, desto mehr tendiere ich zu dem Abenteuer Freie Aktive Schule. Da wir Eltern beide auf eine Regelschule gegangen sind, wäre es für uns tatsächlich wie ein kleines Abenteuer. Denn an der Freien Aktiven Schule gibt es keine festen Klassen und nicht so konkrete Lernziele wie an einer Regelschule. Es gibt Kinder, die mit 9 Jahren noch nicht lesen und schreiben können – dafür aber viel anderes gelernt haben. Das müssten wir als Eltern aushalten können.
Für unsere Tochter wäre vieles jedoch einfacher: Sie kennt schon einige Schüler dort, da Kindergarten und Schule sich in gewissen Bereichen wie dem Malraum, dem Außenbereich oder der Turnhalle oft treffen und ein reger Austausch statt findet. Sie kennt dadurch auch bereits das Gebäude und die Begleiter der Schule. Und vielleicht der wichtigste Punkt: Es würde ihrer Art zu lernen sehr entgegen kommen, denn sie lernt sehr stark in Phasen. Mal möchte sie wochenlang Buchstaben lernen und schreiben. Danach kommt eine Zeit, in der sie viel Bewegung benötigt und kaum still sitzen kann, wenn man ihr ein Buch vorlesen möchte. Einige Wochen lang zählt sie alles, was man so zählen kann: Autos, Stifte, Menschen, Treppenstufen, Bushaltestellen, … Dann verliert sie wieder das Interesse an Zahlen und wendet sich dem nächsten Thema zu. An der Freien Aktiven Schule wird dem Rechnung getragen und sie kann frei entscheiden. Wann sie was lernen möchte. Wie stark sie es vertiefen möchte. Oder wann sie eine Pause benötigt und sich lieber bewegen möchte.
Wir sind also noch am Überlegen, ob es die Freie Aktive Schule wird oder doch eine Regelschule. Auf jeden Fall darf unsere Tochter mit entscheiden, denn sie muss sich dort ja für einige Jahre wohlfühlen.
Liebe Daniela, vielen lieben Dank für Deine schönen Antworten und die Aufklärung über die Freie Aktive Schule bzw. den Kindergarten. Ich persönlich finde das Konzept wirklich toll und kenne selbst einige Eltern, die absolut begeistert und sehr zufrieden sind. Aber wie Du bereits schreibst, muss man als Eltern es sicherlich „aushalten“ können, wenn das Kind im direkten Vergleich zu anderen Kindern aus Regelschulen steht, da wir uns in unserer Leistungsgesellschaft gerne und oft vergleichen. Das beginnt bereits im Kindergarten, was wirklich schlimm ist.
Eigenmotivation und Spaß am lernen werden in der Freien Aktiven Schule sicherlich weitaus besser und individueller gefördert wie auf einer Regelschule. Ob für uns die Entscheidung für das Gymnasium und den leidigen G8 Zug die richtige war, wird sich zeigen. Ich halte Euch auf dem Laufenden.
Liebe Grüße.
limone